Natürlich kommt ihr im 1. Semester auch schon mit einzelnen Straftatbeständen des Besonderen Teils in Berührung, da eine Falllösung ohne diese wenig sinnvoll erscheint. Die detaillierte Ausbildung im Besonderen Teil beginnt jedoch erst mit dem 2. Semester. Hier werden euch zwar die Probleme des Allgemeinen Teils immer wieder über den Weg laufen, das Hauptaugenmerk liegt aber auf den einzelnen Straftatbeständen.
Grob unterteilen kann man den Besonderen Teil in Vermögens- und Nichtvermögensdelikte, deren Charakteristika darin zu sehen sind, dass die Vermögensdelikte den strafrechtlichen Vermögensschutz und die Nichtvermögensdelikte andere Rechtsgüter, wie beispielsweise das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Willensfreiheit, gewährleisten.
Im Folgenden sollen nur kurz die prüfungsrelevantesten Delikte angeführt werden, deren Kenntnis und Beherrschung unerlässlich für euch ist. Sonstige Delikte, die hin und wieder in Prüfungsarbeiten auftauchen, werden anschließend kurz aufgezählt.
Nichtvermögensdelikte im Strafrecht BT
Die Nichtvermögensdelikte sind wiederrum in bestimmte Deliktsgruppen unterteilt, die sich in den jeweils zu schützenden Rechtsgütern unterscheiden. Diese Deliktsgruppen werden nachfolgend nach ihrer Priorität im Grundstudium aufgezählt und kurz beschrieben.
Delikte, welche höchstpersönliche Rechtsgüter schützen, bilden gewissermaßen die Einstiegsstufe in der strafrechtlichen Ausbildung im Besonderen Teil. Hierzu gehören Straftaten gegen das Leben, die das vermeintliche Opfer vor Angriffen auf das höchste aller Rechtsgüter schützen sollen. Die Tatbestände hierzu finden sich in den §§ 211 ff. StGB. Für das Grundstudium relevante Delikte sind Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§212 StGB), Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), Aussetzung (§ 221 StGB) und die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB). Das Verhältnis (Qualifikation oder Eigenständigkeit) von Mord und Totschlag ist eines der klausurgefährlichsten Probleme im Grundstudium. Das Verständnis beider Tatbestände hat Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Teilnehmern, welche nach § 28 StGB davon abhängt, ob strafbegründende Umstände (eigenständige Tatbestände) oder strafschärfende Umstände (Qualifikation) vorliegen.
Delikte, welche die körperliche Unversehrtheit schützen, sind meist ein Durchgangsstadium der Tötungsdelikte und finden sich in den §§ 223 bis 231 StGB. Die Körperverletzungsdelikte müssen von euch ausnahmslos beherrscht werden, da diese nahezu in jeder Falllösung eine Rolle spielen können. Lediglich § 225 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen) spielt im Grundstudium eine eher zu vernachlässigende Rolle.
Delikte, die persönliche Freiheiten, wie die Willens- und Entschließungsfreiheit oder die Fortbewegungsfreiheit vor Angriffen schützen sollen, sind in den §§ 232 bis 241a StGB kodifiziert. Am wichtigsten ist hier § 240 StGB, die Nötigung. Der Nötigungstatbestand spielt ebenfalls in vielen Falllösungen eine Rolle und seine Kenntnis hilft bei der Bearbeitung von Tatbeständen im Bereich der Vermögensdelikte weiter. Zu beherrschen sind in diesem Bereich außerdem § 241 (Bedrohung) und § 239 StGB (Freiheitsberaubung).
Die Beleidigungsdelikte (§§ 185 ff. StGB) schützen vor Angriffen auf die Ehre des Opfers und bilden den Abschluss der Straftaten gegen die höchstpersönlichen Rechtsgüter und sollten im Grundstudium ebenfalls beherrscht werden, auch wenn sie nicht so häufig oder nur eine untergeordnete Rolle in Klausuren spielen.
Ebenso wichtig sind Delikte, die Rechtsgüter der Allgemeinheit schützen. Diese Gruppe wird im Grundstudium, zumindest bei der Vorbereitung auf Klausuren, gerne vernachlässigt. Diesen Fehler solltet ihr nicht machen, denn spätestens nach dem Grundstudium werden diese Delikte, welche teilweise auch stiefmütterlich als Randdelikte bezeichnet werden, immer mehr Klausuren ausfüllen. Wer sie gut beherrscht, kann insbesondere hier gut punkten, da man sich dadurch von der Masse abhebt. Vertiefte Kenntnisse solltet ihr zu den Straßenverkehrsdelikten (§§ 315b – 316 StGB), den Aussagedelikten (§§ 153 ff. StGB) und den Urkundendelikten (§§ 267 ff. StGB) besitzen. Besonderes Augenmerk solltet ihr auch auf die Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB) legen. Die Schwierigkeit liegt hier im Detail und wird von den wenigsten Jurastudenten selbst bis zum Examen nicht gemeistert. Auch hier besteht also die Möglichkeit, sich abzuheben. Nehmt diesen Ratschlag ernst und ihr werdet belohnt!
Zumindest grundlegend sollten die sogenannten Anschlussdelikte von euch gekonnt werden. Diese beschäftigen sich mit Handlungen, welche nach der Verwirklichung eines anderen Straftatbestandes geschehen und schützen die Rechtspflege vor Überlastung oder unnötiger Tätigkeit. Bekannt sein sollten § 164 (Falsche Verdächtigung), § 145d (Vortäuschen einer Straftat), §§ 258 f. (Strafvereitelung).
Die Vermögensdelikte im Strafrecht BT
Die Vermögensdelikte sollen den Rechtsgutinhaber vor unberechtigten Zugriff auf sein Eigentum, seinen Besitz oder sein Gewahrsam schützen. Sie dienen damit im Eigentlichen der Gewährleistung der uneingeschränkten Ausübung und Bestimmung über eigene Güter.
Die wichtigsten Tatbestände sind der Diebstahl mit all seinen Ausprägungen (§§ 242 – 244a StGB) und seinen besonderen Anforderungen (§§ 247, 248a StGB), Raub (§§ 249 ff. StGB), Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB), Betrug und Computerbetrug (§§ 263, 263a StGB), die Erpressung (§§ 253, 255 StGB) und Unterschlagung (§ 246 StGB). Das Können dieser Tatbestände im Bereich der Vermögensdelikte gehört zum Basiswissen und sie sollten von euch im Schlaf beherrscht werden.
Delikte wie Untreue (§ 266 StGB), Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB) und die vermögensschützenden Anschlussdelikte Hehlerei (§ 259 StGB) und Begünstigung (§ 257 StGB) fallen beim Lernen gerne unter den Tisch, sollten aber ebenso beherrscht werden. Außerdem nicht zu vergessen sind § 123 StGB (Hausfriedensbruch) und § 142 StGB (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort).
Die Vermögensdelikte sind zwar im Vergleich zu den Nichtvermögensdelikten nicht so zahlreich, enthalten aber viele schwierige Probleme. Da verwundert es nicht, dass Lehrbücher zu Vermögensdelikten teilweise einen viel größeren Umfang haben als solche zu Nichtvermögensdelikten. Lasst euch also nicht davon täuschen und achtet frühzeitig darauf, hier fundierte Kenntnisse aufzubauen und diese sicher in Klausuren anwenden zu können.