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Studieninhalte Strafrecht Allgemeiner Teil im Grundstudium

Der Allgemeine Teil des Strafrechts befasst sich mit Fragestellungen, die unabhängig vom jeweiligen Straftatbestand in allen Bereichen des Besonderen Teils relevant werden können. Dementsprechend sollte die Materie des Strafrecht AT als kleines Einmaleins von jedem Studenten zwingend beherrscht werden, denn für eine gelungene Fallbearbeitung sind diesbezügliche Kenntnisse unerlässlich.

Grundlegend wird im ersten Semester die methodische Herangehensweise an die Prüfung der Strafbarkeit behandelt. Diese ist – in Abhängigkeit von der jeweiligen Deliktsart oder Begehungsweise – im Detail zwar sehr unterschiedlich, folgt aber im Groben doch immer dem gleichen Schema. Zunächst ist die Tatbestandsmäßigkeit (1) der jeweiligen Handlung aus dem Sachverhalt zu prüfen. Daran anschließend wird die Rechtswidrigkeit (2) der Handlung geprüft. Schließlich muss auch noch die Schuld (3) bejaht werden. Die Inhalte des Allgemeinen Teils spielen in allen 3 Punkten eine entscheidende Rolle.

Tatbestandsmäßigkeit der strafrechtlichen Normen

Die Tatbestandsmäßigkeit dient dazu, eine bestimmte Handlung bzw. einen konkreten Lebenssachverhalt unter einen gesetzlichen Tatbestand zu fassen (juristisch: subsumieren). Einfacher formuliert geht es darum, ob die Handlung desjenigen, der einen anderen Menschen umgebracht hat, unter den Straftatbestand des Mordes (§ 211 StGB), des Totschlags (§ 212 StGB) oder der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) fällt oder doch „nur“ eine Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) gewesen ist. Für die Entscheidung dieser Frage dient der jeweilige Tatbestand des Strafgesetzes.

Inhalte aus dem Strafrecht AT, die Auswirkungen auf die Frage der Tatbestandsmäßigkeit haben und unbedingt beherrscht werden müssen, sind die nachfolgenden:

Die Straftatbestände bestehen häufig aus einem Grunddelikt, wie der „einfachen Körperverletzung“ nach § 223 StGB. Aufbauend auf diesem Grunddelikt finden sich im Gesetz Qualifikationen, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine erhöhte Strafe vorsehen; so zum Beispiel die gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB.  Im Gegensatz zur Qualifikation gibt es Privilegierungen, die Umstände würdigen, welche ein geringeres Strafmaß rechtfertigen. Löst die Handlung des Täters eine besonders schwere Folge, wie beispielsweise den Tod des Opfers (Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB) aus, spricht man von einer Erfolgsqualifikation

Die Verwirklichung von Straftatbeständen beschränkt sich nicht ausschließlich auf die aktive Begehungsweise (Schuss auf Menschen), sondern kann gemäß § 13 Abs. 1 StGB auch in einer unterlassenen erfolgsabwende Handlung liegen, zu deren Vornahme jemand verpflichtet ist (Rettung eines Ertrinkenden).

Die Unterscheidung zwischen vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln ist ein Grundpfeiler der Tatbestandsbearbeitung. Grundsätzlich ist zwar nur vorsätzliches Handeln, also eine Handlung mit Wissen und/oder Wollen strafwürdig. Das Gesetz kann aber gem. § 15 StGB vorsehen, dass auch ein sorgfaltspflichtverletzendes Verhalten (Fahrlässigkeit) strafbar ist.

Das Sprichwort „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ gilt gewissermaßen auch im Strafrecht. Damit beschäftigt sich die strafrechtliche Irrtumslehre. Die Unkenntnis oder irrige Annahme von bestimmten Umstände kann unter gewissen Voraussetzungen Auswirkungen auf die Strafbarkeit haben, vgl. § 16 StGB.

Strafwürdiges Unrecht stellt nicht nur die Vollendungsbegehung, also die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale, dar. Die §§ 22 ff. StGB bestimmen, dass auch bereits der Versuch einer Straftat zu bestrafen ist. So beispielsweise, wenn jemand auf einen anderen schießt und diesen auch trifft, dieser dann aber nicht stirbt. Dann steht eine versuchte Tötung im Raum.

Straftatbestände können durch eine handelnde Person verwirklicht werden (Alleintäterschaft, § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB), aber auch durch das Zusammenwirken mehrerer Beteiligter und das gegenseitige Zurechnen von Tatbeiträgen. Zu unterscheiden ist hier die Täterschaft in der Form der Mittäterschaft, § 25 Abs. 2 StGB und die mittelbare Täterschaft, § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB von den Teilnahmeformen der Anstiftung, § 26 StGB und Beihilfe, § 27 StGB.

Um auszuschließen, dass völlig fernliegende Ursachen einer Handlung zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen, setzt der Tatbestand eine Kausalität zwischen Ursache und Erfolg voraus. Es muss also ein Ursachenzusammenhang zwischen der Handlung und dem Erfolg bestehen. Da die Kausalitätserfordnis nicht immer ausreicht, um gerechte Ergebnisse zu erzielen, wird ihr die Lehre von der objektiven Zurechnung des tatbestandlichen Erfolges nachgeschaltet, die danach fragt, ob der Täter ein rechtlich relevantes Risiko geschaffen hat, dass sich im konkreten Erfolg realisiert hat.

Rechtswidrigkeit der strafrechtlichen Tatbestände

Im Rahmen der Rechtswidrigkeit kann an sich strafwürdiges Unrecht, dass den Straftatbestand einer Norm erfüllt, ggf. gerechtfertigt sein und eine Strafbarkeit entfallen lassen. Eine Handlung kann aus vielen Gründen gerechtfertigt sein. Die Rechtswidrigkeitsprüfung ist daher durch die Suche nach Rechtfertigungsgründen und deren saubere Prüfung gekennzeichnet. Rechtfertigungsgründe können in einer Äußerung des Opfers (Einwilligung) liegen oder sich aus dem Gesetz ergeben. Gesetzliche Rechtfertigungsgründe finden sich nicht nur im StGB (Notwehr, § 32 StGB und Nothilfe, § 34 StGB), sondern auch in der StPO (Festnahmerecht, § 127 StPO) oder dem BGB (§§ 229, 903, 859 etc. BGB).

Auch im Bereich der Rechtfertigungsgründe hat die bereits angesprochene Irrtumslehre hohe Relevanz, da man sich auch über das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen irren kann. Die Behandlung dieser Irrtümer und deren strafrechtliche Wertung sind eine Problematik, die nicht zu unterschätzen ist.

Schuld und deren Voraussetzungen

Als letzter großer Themenkomplex der AT-Ausbildung wird nach der Schuldhaftigkeit der begangen Handlung gefragt. Hier ist zunächst festzustellen, ob der Täter überhaupt schuldfähig ist (§§ 19 ff. StGB). Zudem kann der Täter auch beispielsweise nach § 35 StGB entschuldigt sein.